Irina Scherbakowa von Memorial zu Gast an der KSH München
Benediktbeuern, 27. Oktober 2022 – Der Audimax am Campus Benediktbeuern füllt sich an diesem Nachmittag, mehr und mehr Studierende und Lehrende kommen herein und blicken neugierig auf die Referentin des Nachmittags: Dr. Irina Scherbakowa ist zwar von 2016 bis 2019 bereits mehrfach zu Gast an der KSH gewesen, aber dieses Jahr kommt sie nicht nur als Historikerin, die sich der Erinnerungskultur und der Aufarbeitung der Gräueltaten des Stalinregimes gewidmet hat, sondern auch noch als Friedensnobelpreisträgerin. Eine solche Persönlichkeit trifft man nicht alle Tage, so ist die respektvolle Stille im Audimax zu erklären, die eintritt, als Irina Sherbakowa, eine zierliche Frau, die viel jünger wirkt als Anfang Siebzig, in die Runde blickt.
Prof. Dr. Annette Eberle, die Dr. Irina Sherbakowa vor vielen Jahren bei einer Veranstaltung in der Dachauer Gedenkstätte kennen gelernt hatte, stellt den prominenten Gast vor und ermuntert die Studierenden, ihr ihre Fragen zu stellen. Teilweise hatten die Studierenden der Sozialen Arbeit, die bei Prof. Dr. Eberle das Seminar „Geschichte, Erinnern, Handeln“ belegt haben, bereits im Vorfeld Fragen formuliert, die sich viel um den aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine drehen, aber auch nach der Gründungsgeschichte von MEMORIAL fragen.
Irina Sherbakowa ist in ihrem Element, wenn sie darüber erzählt, wie das 1989 als Archiv-Projekt gegründete MEMORIAL wie ein Schneeball immer größer wurde und schließlich zu einem internationalen Netzwerk von ArchivarInnen und HistorikerInnen mit mehreren hundert Mitgliedern wurde, die nicht nur Millionen an Dokumenten sammeln, ordnen und dokumentieren, sondern auch die Ergebnisse ihrer Arbeit nach außen tragen. So gab es einen von MEMORIAL mitorganisierten Schülerwettbewerb „Der Mensch in der Geschichte“, der - bis er verboten wurde - zu den größten in Europa zählte. Mit welcher Art Material sie es bei ihrer Arbeit zu tun habe, erzählt die Menschenrechts-Aktivistin Sherbakowa sehr eindrücklich: Da gibt es Koffer voller Briefe aus dem Gulag ebenso, wie einzelne Fotografien oder Namenslisten von Friedhöfen. Aus diesem Puzzle formen Irina Sherbakowa und ihre MitstreiterInnen ein genaues Bild der vielen Menschenrechtsverletzungen in der ehemaligen Sowjetunion, die nicht das Bild auf die Geschichte werfen, das Putin gerne hätte. Daher sei MEMORIAL in Russland dieses Jahr verboten und aufgelöst worden. Dokumente wurden beschlagnahmt und Mitarbeitende verhaftet – alles Taten, die darauf ausgerichtet seien, die fragile Demokratie in Russland zu unterwandern, erklärt Dr. Sherbakowa den gebannt zuhörenden Studierenden. Nach eineinhalb Stunden intensiven Austausches ist die Zeit mit Sherbakowa viel zu schnell um – aber die engagierte Aktivistin muss pünktlich zum Zug, um nach Weimar zu kommen, wo schon die nächsten Studierenden auf sie warten – dort hat sie seit ihrer Flucht aus Russland eine Gastprofessur.
Die Studierenden sind sich einig, dass ihr Besuch in Benediktbeuern eine absolute Bereicherung war und sind vor allem beeindruckt von ihrem Mut, angesichts der aktuellen Lage herumzureisen und aufzuklären: „Man sieht an ihr, dass man keine radikalen ‚heldenhaften‘ Dinge tun muss, um eine Heldin zu sein“ sagt eine Studentin. „Es hat mich sehr berührt, wie sie erzählt hat und wie sie erklärt hat, wie sie aus ihrer Perspektive den Krieg gegen die Ukraine hat kommen sehen“, beschreibt eine andere Studentin ihre Gefühle. Ein Erstsemesterstudent ist beeindruckt davon, „dass wir an einer kleinen Hochschule wie dem Campus Benediktbeuern der KSH München eine solche Persönlichkeit erleben können. Ich bin beeindruckt davon, wie ihre persönliche Betroffenheit Geschichte wirklich greifbar macht.“
Eine Studentin bringt das Ausmaß der Motivation auf den Punkt, die Irina Sherbakowa an diesem Nachmittag mit ihrem Besuch den Studierenden mitgebracht hat: „Es ist nicht so, dass ich jetzt unbedingt gleich den Friedensnobelpreis anstrebe – aber sie ist auf alle Fälle ein gutes Vorbild, das zeigt, was man mit der Art von Arbeit erreichen kann, die ja auch wir hier machen wollen.“
Im Bild: Prof. Dr. Annette Eberle und Hochschulpräsidentin Prof. Dr. Birgit Schaufler nehmen Dr. Irina Sherbakowa auf dem Campus Benediktbeuern in ihre Mitte. (Foto: Alexandra Hessler)
Bei Rückfragen können Sie sich gerne an den folgenden Kontakt wenden:
Für die Katholische Stiftungshochschule München, Campus Benediktbeuern
Dr. Alexandra Hessler
E-Mail: alexandra.hessler.ext@ksh-m.de
Telefon: + 49 157 858329 87
Hochschule
Irina Scherbakowa von Memorial zu Gast an der KSH München
Benediktbeuern, 27. Oktober 2022 – Der Audimax am Campus Benediktbeuern füllt sich an diesem Nachmittag, mehr und mehr Studierende und Lehrende kommen herein und blicken neugierig auf die Referentin des Nachmittags: Dr. Irina Scherbakowa ist zwar von 2016 bis 2019 bereits mehrfach zu Gast an der KSH gewesen, aber dieses Jahr kommt sie nicht nur als Historikerin, die sich der Erinnerungskultur und der Aufarbeitung der Gräueltaten des Stalinregimes gewidmet hat, sondern auch noch als Friedensnobelpreisträgerin. Eine solche Persönlichkeit trifft man nicht alle Tage, so ist die respektvolle Stille im Audimax zu erklären, die eintritt, als Irina Sherbakowa, eine zierliche Frau, die viel jünger wirkt als Anfang Siebzig, in die Runde blickt.
Prof. Dr. Annette Eberle, die Dr. Irina Sherbakowa vor vielen Jahren bei einer Veranstaltung in der Dachauer Gedenkstätte kennen gelernt hatte, stellt den prominenten Gast vor und ermuntert die Studierenden, ihr ihre Fragen zu stellen. Teilweise hatten die Studierenden der Sozialen Arbeit, die bei Prof. Dr. Eberle das Seminar „Geschichte, Erinnern, Handeln“ belegt haben, bereits im Vorfeld Fragen formuliert, die sich viel um den aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine drehen, aber auch nach der Gründungsgeschichte von MEMORIAL fragen.
Irina Sherbakowa ist in ihrem Element, wenn sie darüber erzählt, wie das 1989 als Archiv-Projekt gegründete MEMORIAL wie ein Schneeball immer größer wurde und schließlich zu einem internationalen Netzwerk von ArchivarInnen und HistorikerInnen mit mehreren hundert Mitgliedern wurde, die nicht nur Millionen an Dokumenten sammeln, ordnen und dokumentieren, sondern auch die Ergebnisse ihrer Arbeit nach außen tragen. So gab es einen von MEMORIAL mitorganisierten Schülerwettbewerb „Der Mensch in der Geschichte“, der - bis er verboten wurde - zu den größten in Europa zählte. Mit welcher Art Material sie es bei ihrer Arbeit zu tun habe, erzählt die Menschenrechts-Aktivistin Sherbakowa sehr eindrücklich: Da gibt es Koffer voller Briefe aus dem Gulag ebenso, wie einzelne Fotografien oder Namenslisten von Friedhöfen. Aus diesem Puzzle formen Irina Sherbakowa und ihre MitstreiterInnen ein genaues Bild der vielen Menschenrechtsverletzungen in der ehemaligen Sowjetunion, die nicht das Bild auf die Geschichte werfen, das Putin gerne hätte. Daher sei MEMORIAL in Russland dieses Jahr verboten und aufgelöst worden. Dokumente wurden beschlagnahmt und Mitarbeitende verhaftet – alles Taten, die darauf ausgerichtet seien, die fragile Demokratie in Russland zu unterwandern, erklärt Dr. Sherbakowa den gebannt zuhörenden Studierenden. Nach eineinhalb Stunden intensiven Austausches ist die Zeit mit Sherbakowa viel zu schnell um – aber die engagierte Aktivistin muss pünktlich zum Zug, um nach Weimar zu kommen, wo schon die nächsten Studierenden auf sie warten – dort hat sie seit ihrer Flucht aus Russland eine Gastprofessur.
Die Studierenden sind sich einig, dass ihr Besuch in Benediktbeuern eine absolute Bereicherung war und sind vor allem beeindruckt von ihrem Mut, angesichts der aktuellen Lage herumzureisen und aufzuklären: „Man sieht an ihr, dass man keine radikalen ‚heldenhaften‘ Dinge tun muss, um eine Heldin zu sein“ sagt eine Studentin. „Es hat mich sehr berührt, wie sie erzählt hat und wie sie erklärt hat, wie sie aus ihrer Perspektive den Krieg gegen die Ukraine hat kommen sehen“, beschreibt eine andere Studentin ihre Gefühle. Ein Erstsemesterstudent ist beeindruckt davon, „dass wir an einer kleinen Hochschule wie dem Campus Benediktbeuern der KSH München eine solche Persönlichkeit erleben können. Ich bin beeindruckt davon, wie ihre persönliche Betroffenheit Geschichte wirklich greifbar macht.“
Eine Studentin bringt das Ausmaß der Motivation auf den Punkt, die Irina Sherbakowa an diesem Nachmittag mit ihrem Besuch den Studierenden mitgebracht hat: „Es ist nicht so, dass ich jetzt unbedingt gleich den Friedensnobelpreis anstrebe – aber sie ist auf alle Fälle ein gutes Vorbild, das zeigt, was man mit der Art von Arbeit erreichen kann, die ja auch wir hier machen wollen.“
Im Bild: Prof. Dr. Annette Eberle und Hochschulpräsidentin Prof. Dr. Birgit Schaufler nehmen Dr. Irina Sherbakowa auf dem Campus Benediktbeuern in ihre Mitte. (Foto: Alexandra Hessler)
Bei Rückfragen können Sie sich gerne an den folgenden Kontakt wenden:
Für die Katholische Stiftungshochschule München, Campus Benediktbeuern
Dr. Alexandra Hessler
E-Mail: alexandra.hessler.ext@ksh-m.de
Telefon: + 49 157 858329 87
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